Das Forum für alles und allerlei, was nichts direkt mit den Kapverden zu tun hat, auch unsere Humoristen sind hier willkommen :)
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By Andreas Burckhart
#7654 ! KEIN KATZENTHEMA !

Immer wieder wird berichtet, dass es nach Genuss dieses eigentlich herrlichen Kapverdischen Nationalgetränkes zu übermäßigen Ausfallserscheinungen wie Kater und ähnlichem kommt, die nach Genuss von vergleichbaren alkoholischen Getränken in vergleichbarer Menge nicht auftreten.

Es gibt sogar Einige die sagen, so mancher habe sich mit Grogue „das Hirn herausgeblasen“.

Nach Betrachtung einiger kleiner Brennereien liegt meines Erachtens das Übel in nicht korrekter Handhabung des Destillierprozesses - Vor- und Nachlauf wird nicht korrekt abgearbeitet und mit in die zu verkaufende Ware eingemischt.

Grund hierfür ist meines Erachtens dass die Betreiber der Distillen die Prozesse des Brennens oftmals nicht beherrschen.


Nachstehende Bemerkungen zu Vor- und Nachlauf sowie Fuselölen stammen größenteils aus Artikeln von Wipikedia.

Grogue unterscheidet sich in Ursprung und Herstellung unwesentlich von Rum.

Als Vorlauf bezeichnet bei der Destillation von Spirituosen das zu Beginn entstehende Destillat. Es enthält besonders viel Methanol und andere leichtflüchtige Substanzen wie Ethylacetat und ist für den menschlichen Genuss nicht geeignet.
Der Vorlauf zeichnet sich üblicherweise durch einen unangenehmen, stechend-scharfen Geruch (und ebensolchen, stark adstringierenden) Geschmack aus.
Nach dem Vorlauf wird das sog. Herzstück (der genussfähige Brand) gewonnen, dann der Nachlauf.

Als Nachlauf bezeichnet man bei der Destillation von Wein- oder Obstbränden den Teil, der nach dem eigentlichen Herzstück entsteht. Die Abtrennung des Nachlaufs sollte sorgfältig erfolgen, da dieser Teil bereits einen hohen Anteil an höheren Alkoholen (sog. Fuselöle) aufweisen kann, die dem Genuss nicht zuträglich sind.
Im Gegensatz zum Vorlauf (Destillation), der einen eher unangenehmen Geruch aufweist, haben die Komponenten des Nachlauf eher fruchtige und süßliche Noten.
Bei Konsum dieses Destillationsprodukts ist aufgrund der komplexen Abbauprodukte der enthaltenen höheren Alkohole (in wesentlichen Mengen Iso-Oktanole bis Iso-Dekanole) im menschlichen Körper mit erheblichen Katererscheinungen zu rechnen.

Fuselöle sind ein Gemisch aus mittleren und höheren Alkoholen (Fuselalkohole), Fettsäureestern, Terpenen und Furfuralen. Sie entstehen bei der alkoholischen Gärung als Nebenprodukte des Hefestoffwechsels und dienen in Bier, Wein und Spirituosen als Geschmacks- und Aromaträger. Der Begriff Fuselalkohole wurde in den letzten Jahrzehnten in der Rechtsmedizin zugunsten des Begriffs Begleitalkohole ersetzt.
Beispiele für Fuselalkohole sind Butanol, Hexanol, Isoamylalkohol, Isobutylalkohol, Pentanol und Propanol. Fuselöle werden im Körper des Menschen zu Giftstoffen abgebaut, die zu einer Verminderung der Herzleistung und zur Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff führen können. Kopfschmerz, Übelkeit und Müdigkeit (zusammengefasst als „Kater“) sind die möglichen Folgen. In höheren Dosen können Fuselöle zur Erblindung oder gar lebensgefährlichen Vergiftungen führen.


Es ergeben sich folgende Fragen:

Gibt es ein einfaches Verfahren die Fuselöle nachzuweisen - mit fällt hier lediglich der Nachweis über GC - Gaschromatograph, ein. Mit Sicherheit auf den Kapverden nicht zu finden und mit Sicherheit auch nicht einfach.

Wirken die Giftstoffe additiv und /oder ist die einzeln verabreichte Menge ausschlaggebend - werden bzw. wie werden die gebildeten Giftstoffe vom Körper abgebaut.


Unbedingt zu erwähnen sind folgende Fakten:

ad 1
Mit Sicherheit gibt es auf den Kapverden seriöse Destillen deren Produkte diesbezüglich unbedenklich sind.

ad 2
Auch ich trinke gerne mal einen Grogue - meistens im Restaurant - auch mal aus einer im Supermarkt gekauften Flasche. Ich hatte bisher keine Probleme / Ausfallserscheinungen, trinke aber auch nur maximal 2 relativ kleine „Shots“ bei einer "Sitzung".


Also dann mal Prost

Andreas
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By Daniel
#7655 Hallo Andreas,

aktuell zum Thema: diese Woche sind alleine hier, im Bezirk Paúl auf der Insel Santo Antao zwei recht junge Männer angeblich "an Grogue gestorben"... Wie genau das passierte im jeweiligen Fall, kann ich und leider gar niemand sagen, da hier auch keine Autopsien durchgeführt werden - es wird in wenigen Stunden gleich beerdigt ! Man wird also nie wissen ob der Grogue schlecht gebrannt war oder ob die Jungs es einfach maßlos übertrieben haben... oder beides :roll:

Auch sieht man oft Leute die halb oder sogar ganz blind sind... alles nicht so lustig.

Beste Grüße und wohl bekomms ! :wink:
Daniel

PS. Ich trinke selbst seit Jahren gar keinen Grogue, mit Ausnahme des sauber gebrannten Grogues des Österreichers Alfred Mandl in Paúl - vielleicht hast Du ja mal Lust was hier zu schreiben Alfred ?
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By StrahlendesGesicht
#7661 Gut zu wissen, da werd ich in Zukunft ein bisschen vorsichter sein...
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By alfred
#7663 Dem Thema Grogue widme ich mich seit 1998. Wie bei allen Dingen im Leben ist halt auch da ein umfangreicher theoretischer Hintergrund nötig. Somit setzte ich mich erst einmal ausführlich mit der Biologie auseinander, denn die Gärung ist schon mal die wichtigste Grundlage für einen guten Brand - ist wie beim Kuchenbacken, mit einem schlechten Teig wird es nie einen guten Kuchen geben.
Der nächste Schritt war Chemie und Physik, das braucht man um die Destillation zu verstehen. Danach beobachtete und analysierte ich das traditionelle Verfahren um in meine Theorie die hiesige Praxis einfließen zu lassen. Schließlich war ich dann 2002 bei einem österreichischen Edelbrenner zu Gast und holte mir da die Bestätigung, dass ich meine Hausaufgaben auch richtig gemacht habe.
2003 starteten mein Sohn Fernando und ich mit unserer modifizierten traditionellen Destille mit der Produktion von Edelbrand aus Zuckerrohr. Eine Analyse von Ratiopharm erfüllte uns mit Stolz, denn die Qualität unserer Produkte ist besser als berühmte Whisky Marken.

Auf Sto. Antao wurde - wird auch teilweise noch - ein guter Schnaps gebrannt. Aber wie das so ist mit Tradition ohne theoretischem Hintergrund, sobald dann modifiziert wird, kommt Mist raus. Das ist hier leider passiert. Der "speed up" bei der Produktion lässt keine gute Trennung bei der Destillation zu, bei der "wilden Gärung" setzen unerwünschte Mikroorganismen Zucker in geschmacklich schlechte bis gesundheitsschädliche Substanzen um. Hier sind besonders die Azetate problematisch, denn die "knallen" in der Birne und machen ganz schnell abhängig, was sauberes Ethanol zumindest physisch nicht macht. Auch brennt der normale Schnapsbrenner auf Trinkstärke, was nicht mehr zeitgemäß ist, wir als Edelbrenner brennen bis maximal neunwertige Ethanole, die höherwertigen - kratzen in der Kehle - verarbeiten wir zu Industriealkohol. Unser Destillat kommt mit 80 bis 93 % aus der Destille und wird mit destilliertem Wasser auf Trinkstärke eingestellt.
Dieser hochprozentige Edelbrand hat noch einen Nebeneffekt: wir verschicken diesen als Postpaket und der Empfänger kann sich den Brand auf seinen Geschmack einstellen, somit zahlen wir kein Porto für Wasser, das ja auch der Empfänger zusetzen kann.

Man kann nicht pauschal sagen, dass jeder Grogue hier schlecht und gesundheitsschädigend ist. Es gibt auch noch gute Brenner, aber alles ist dem Zufall überlassen, weil einfach generell jeglicher theoretischer Hintergrund fehlt, auch bei den Produzenten, die ihre Produkte im Supermarkt stehen haben. Ich selber trinke nur den Grogue, den wir auch selber produziert haben.

Wer Lust hat mehr zu wissen, kann mir ja auch schreiben oder besser noch, uns in unserem "Biergarten" O Curral im Tal Paul, fast am oberen Ende in Cha de Joao Vaz besuchen.

Ich hänge auch noch das Ergebnis von Ratiopharm ran.

Viele Grüße aus dem grünen und sonnigen Sto. Antao


alfred
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das Begleitschreiben dazu
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Gehaltsbestimmung von Edelbrandsorten
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By pol
#7679 Hallo Andreas und Alfred,

Toll, was Ihr da alles rausklamüsert habt, Respekt, Respekt.
Meine profanen Erfahrungen: Grpgue ist gefährlicher als cubanischer Rum, aber brasilianischer Cachaca ist weit gefährlicher. Kommt natürlich auch auf die jeweilige Qualität an.

Viele Grüße
Rüdiger
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By kai2005
#7680 Cachaca ist weit gefährlicher. Kommt natürlich auch auf die jeweilige Qualität an.

... Ich würde eher sagen "auf die Menge!"
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By pol
#7682 Absolut richtig. Und da kommt die Gefährlichkeit von Caipirinha ins Spiel, Wegen der Süffigkeit merkt man die Menge nicht. merkwürdig, das sollte bei Mojito auch so sein, aber da habe ich diesen fatalen Effekt noch nicht so erlebt. Vielleicht bremst die Minze.
Auch die Reihenfolge und Kombination spielt eine Rolle: erst ein paar Biere im Biergarten von Belém do Pará, dann nach Hause und Caipirinha, und dann war der Limettensaft alle, also bloß noch Cachaca. So schlecht ging es mir am nächsten Tag noch nie...