Forum für Informations- und Erfahrungs- Austausch zum Thema Reisen & Tourismus auf den Kapverdischen Inseln.
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By FlorianJung
#13474 Hallo zusammen!
Wir haben zwei Wochen Urlaub auf Boa Vista gemacht. Ich schreibe jetzt für alle, die das interessiert einen kleinen Reisebericht.


Als wir Nachmittags nach sechs Stunden Flug am Flughafen von Rabil angekommen sind, wurden wir erstmal von der hohen Luftfeuchtigkeit und den sehr sommerlichen Temperaturen empfangen. Obwohl es "nur" 27 c° hatte, kam es uns doch viel heißer vor und noch vor der Einreisekontrolle waren wir klitsch-nass. Na ja - das ist Urlaub und schließlich auch Afrika.

Wir hatten die Pension Ca' Nicola in Sal Rei gebucht und waren von dem tollen Blick auf die Bucht und den Strand von Estoril begeistert. Die Pension war schön gestaltet, die Zimmer waren groß genug und man konnte nicht nur den Strand sondern auch Sal Rei sehen. Am ersten Abend sind wir zu Fuß losgegangen nach dem uns die hilfsbereite Francesca an der Rezeption gesagt hatte, dass "Xiao" der günstigste Lebensmittelladen in Sal Rei sei. Ein paar Minuten zu Fuß und wir hatten den etwas versteckt liegenden Laden gefunden. Mittlerweile haben wir uns auf den Sonnenuntergang und sinkende Temperaturen gefreut. Aber daraus wurde nichts. Ohne Klimaanlage und - dank Stromausfall - auch ohne Ventilator wurde die erste Nacht zu einer Tortur. Am nächsten Morgen bekamen wir mitfühlende Worte und freundlicherweise noch einen Ventilator. Den Tag haben wir damit verbbracht, uns einfach an den Estoril Strand zu legen und das schöne Wasser zu genießen. Bis es zu heiß wurde und wir ein bisschen durch Sal Rei geschlendert sind. Die zweite Nacht herrschten im Zimmer immer noch 30c° und wir haben uns schweren Herzens entschlossen umzubuchen. Das kam uns selbst ein bisschen verweichlicht und sehr kontinental-europäisch vor, aber der einzige Urlaub im Jahr sollte nicht zu einer Hitzehölle werden.

Umgebucht wurden wir dank Reiseveranstalter in das Royal Decameron - das war vielleicht eine Konträrwelt.
Doch das Hotel war schön gelegen an einem riesigen Strand, den es sich nur mit einem anderen Hotel geteilt hat, strahlend türkisfarbenem Meer und einem echten Urlaubsfeeling trotz Kakerlaken-Armade und Mückenschwärme. Aber das Hotel habe ich wo anders bewertet, das würde nun zu weit führen.

Um nicht jeden Tag einzeln zu beschreiben: wir haben mit einem deutschsprachigen Reiseveranstalter (man darf hier wohl Namen nicht nennen, aber der Name ist der eines Affenbrotbaumes) einige Touren über die Insel gemacht - das war wirklich toll. Die komplette Insel inklusive dem atemberaubenden Strand von Santa Monica, dem Wrack der Santa Maria, Sal Rei und einigen kleinen, ursprünglichen Städtchen haben wir in über elf Stunden besichtigt. Dabei wurde es weder langwierig noch langweilig sondern entspannt und witzig. Man kam sich nicht vor wie ein Tourist sondern die Atmosphäre wirkte fast schon familiär.

Mit dem selben Veranstalter haben wir zwei Turtle-watching Touren gemacht. Die erste war leider ohne Schildkröten aber alleine schon ein Erlebnis, weil man bei völliger Dunkelheit über einen Strand läuft und außer den Lichtblitzen, die das Plankton macht, nichts sah. Großartig. Bei der zweiten Tour haben wir mehrere Schildkröten aus dem Wasser kommen sehen und durften sie unter der Beaufsichtigung eines Mitglieds der Turtle-Foundation (er hieß Fritz - Turtle-Fritz) bei der Eiablage beobachten. Ein Erlebnis, das seines gleichen sucht. Einfach unglaublich!

Zu den beeindruckendsten Erlebnissen zählt für mich ein Abend (ein langer Abend) in der "Esplanada" - zumindest glaube ich, dass das der Name war. Mitten im Zentrum von Sal Rei und nicht zu verfehlen liegt diese Mischung aus Restaurant, Bar und Internetcafé (hier gibt es kostenfreies Wlan für alle). Dort haben wir eine Band erlebt, die echte Morna gespielt hat, die traditionelle Musik der Kapverden. Das war großartig - wir kamen uns zwar als Touristen wie Randfiguren vor, aber das war vielleicht auch gerade gut! Die Bedienung da ist unfreundlicher als jeder Kölner Köbes, aber die Preise sind unschlagbar und die Stimmung und Atmosphäre einfach großartig.

Was uns weniger gut gefallen hat, ist die aggressive Art der Souvenirverkäufer, die einen einfach nicht in Ruhe lassen. Selbst in Ägypten waren die nicht so aufdringlich wie hier. Ein Einheimischer, zu dem wir in seiner Eigenschaft als Fahrer auf den Touren näheren Kontakt hatten sagte uns, dass das alles Senegalesen wären, und dass die Bewohner von Sal Rei diese Touri-fangmasche selbst nicht gut fänden. Was dagegen tun sie allerdings auch nicht.

Wir waren von der Ursprünglichkeit, die wir auf Boa Vista häufig sehen konnten fasziniert. Die Strände und das Meer waren schöner als jede Postkarte, das Wasser warm und die Luft salzig.
Die Kapverdianer, die wir so kennengelernt haben (und das waren am Ende zwei Stück pbwohl wir gerne mehr Kontakt gehabt hätten) waren freundlich und hilfsbereit. Uns kam es aber so vor, als wären die meisten Bewohner von Sal Rei distanziert und eher weniger an Kontakt interessiert. Beim Baden hat ein kleiner kapverdischer Junge mit der Wasserpistole Jagd auf meine Freundin gemacht. Wir fanden das alle witzig, nur der Vater nicht, der seinen Sohn angeschrieen hat und ihm offenbar verboten hat, in unsere Nähe zu kommen. Vielleicht ist das nur eine Art von Höflichkeit gewesen, aber wir fanden das eher schade.

Wenn wir mit dem Taxi vom Hotel nach Sal Rei gefahren sind, ist es vorgekommen, dass der Taxifahrer Bekannten am Straßenrand zugewinkt hat. Wir haben dann immer gesagt, dass er jeden gerne mitnehmen könne. Das haben die Fahrer auch gemacht und die Leute haben sich sicherlich gefreut, nicht stundenlang zu FUß durch die Hitze gehen zu müssen - angeschaut oder "Ciao" gesagt hat keiner.
Keine Ahnung ob wir das einfach immer falsch verstanden haben, aber wir sind schon etwas rumgekommen und ich habe mich noch selten irgendwo so wenig willkommen gefühlt, wie auf Boa Vista. Vielleicht alles Zufälle, Missverständnisse oder sonstwas, aber so kam es uns vor.

Wer tropisches Klima mag, Ursprünglichkeit in der Landschaft und den Städtebildern, wer gerne taucht, schnorchelt oder anderen Wassersport macht, wer das kapverdische Lebensgefühl kennenlernen möchte, der kann hier einen tollen Urlaub machen.

:mrgreen: