By Dju Dju
#10656 Seit mehreren Wochen fotografiere ich Boavista. Es ist eine wunderschöne Beachinsel...noch. Leider fehlt es oft an Pflege, der angeschwemmte Plastikmüll der Schiffe und Boote ist gigantisch. Es zerstört und vergiftet nicht nur die Natur, sondern Schildkröten, Fische verfangen sich in schwimmende Plastiktüten und sterben. Das nur nebenbei.
Die Diskrepanz ist erschreckend. Insbesondere hinsichtlich der gigantischen installierten Tourismusindustrie - von der ökonomischen Seite bleibt kaum etwas auf der Insel. Die Einheimischen, die für diese riesigen All Inclusiv Anlagen arbeiten, verdienen so viel, das es ausreicht um in den Baraken zu wohnen. Dort fehlt es an sanitären Anlagen, an ausreichender Wasserversorgung, medizinischer Unterstützung und insbesondere Müllentsorgung. Für die Baraken werden keine Müllcontainer zur Verfügung gestellt. Die dort befindliche katholische Kirche ist engagiert...Reicht dennoch nicht aus.

Grüße Dju Dju

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By André
#10657 Danke Dju!
Ich schreibe ja schon lange:
QUO VADIS CABO VERDE?
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By pol
#10659 Hallo Dju,

Ist das so, daß die ganzen kleinen Pensionen und restaurants in Sal Rei jetzt verschwunden sind? Eigentlich sind deren Gäste eine andere Klientel gewesen. Ich bin nur froh, daß ich vor der (oder ganz am Beginn) AI-Invasion dort gewesen bin.

Viele Grüße
Rüdiger
By Dju Dju
#10670 ...Hallo Pol, es gibt immer noch kleine Pensionen in Sal Rei. Zum Teil wirklich heruntergewirtschaftet, dafuer blieb der Zimmerpreis bestehen. :D

Sal Rei ist gewachsen ohne Bebauungsplan...die kleine historische Altstadt verkommt...dafuer gibt es wiederrum soviele Verkehrsschilder (nigelnagelneu) das ich mich fragte, fuer was??? Am Praça zaehlte ich an einer Kreuzung 14 Schilder... :mrgreen:
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By calheta
#10712 Hallo DjuDju

Wenn Du noch auf Boavista bist, könntest Du Dich ja mal mit den Streikenden von Riu-Touareg unterhalten und hier darüber berichten.

Laut Semaana Online befindet sich das gesamte ServicePersonal nach ergebnislosen Verhandlungen heute im Streik, weil sie statt der versprochenen 25.000 Escudos nur 18 - 21.000 erhalten. Nur die Rezeption bei besetzt und (natürlich) sei auch die Personalabteilung zur Arbeit erscheinen. Das FRühstück sei ausgefallen und es würde nicht geputzt

Das Servicepersonal könnes es nicht verstehen, warum sie weniger als im Riu-Karamboa verdienen. Das Toureg läge weit ab vom Schuß, das Personal müßte sich früher auf den Weg machen und käme später nach Hause.

Laut Berichten aus der Küche seien die Streikenden mit dem Rauswurf bedroht worden.

Im Detail "Boa Vista:Trabalhadores do Riu Touareg em greve" [url=http://www.asemana.publ.cv/spip.php?article69833&ak=1]Semana Online 03 Novembro 2011[/url]
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By Tilo
#10715 ist ja echt übel, wenn man den Lohn in Relation zu den Preisen sieht
(für Nicht-Kenner, es stehen also unter 200 Euro gegen Lebensmittelpreise weitestgehend auf unserem niveau)
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By Daniel
#10716 Hallo,

ich hörte und man kann es auch in den Kommentaren lesen auf dem Artikel, dass die Nachricht falsch ist. Von 600 Angestellten hätten lediglich 14 gestreikt.
Es sei weder das Frühstück ausgefallen noch sonst irgendwelche Ausfälle...
Vielleicht kann ja mal jemand berichten, der dort war heute ?
By Dju Dju
#10720 ...nein ich bin wieder auf S. Vicente. Dennoch: Streik?
Das wäre sehr positiv, denn es zeigt, dass der postkolonialen Ausbeutung ihre Grenze gezeigt wird.
Es ist Ausbeutung. Keiner kann mit aufrechtem Blick sagen: "...die sollen froh sein, dass sie überhaupt was zum Essen haben..." OT eines Riu-Touristen. Die Touristen zahlen auf Boavista europäische Übernachtungspreise, dem Personal wird ein Bruchteil dessen bezahlt, was vergleichsweise ein europäischer Hotelangestellter verdienen würde. Die soziale Absicherung wird einfach unter den Tisch gekehrt, es gibt zu wenig Kontrollen.
Streik ist ein sehr mutiger Schritt, den die Konsequenz ist die Kündigung. So wird hier reagiert, da gibt es keine Betriebsräte oder Gewerkschaften geschweige den Arbeitsrecht, denn die meisten warten vergeblich auf ihren Arbeitsvertrag.
Das ist die Realität der Tourismusindustrie.
Sorry.
Dju
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By Daniel
#10721 [quote]da gibt es keine Betriebsräte oder Gewerkschaften geschweige den Arbeitsrecht, denn die meisten warten vergeblich auf ihren Arbeitsvertrag.

Die soziale Absicherung wird einfach unter den Tisch gekehrt, es gibt zu wenig Kontrollen.[/quote]

Hallo Dju,

hier muss ich Dir leider eindeutig widersprechen... Die AI Hotels auf den Kapverden sind sicherlich die, die am meisten und am strengsten kontrolliert werden, und die Arbeiter von den RIU Hotels sind ganz sicher versichert (INPS) und mit gesetzlich geregeltem Vertrag dort. Da gibt es gar keine Zweifel. Alleine schon aus dem Grund, weil die RIU Hotels auf Cabo Verde den Status von Utilidade Turística erhalten haben, und 5 Jahre steuerfrei funktionieren dürfen, im Gegenzug aber eine ganze Reihe von Auflagen erfüllen müssen, unter anderem komplett legale ArbeitsvertrÄge vorweisen müssen und sich ständigen Kontrollen unterziehen müssen.

Leider !? wird bei den kleinen Hotels (vor allem bei kapverdischen) nicht kontrolliert, und die Arbeiter haben weder Vertrag noch sind sie versichert, und beziehen meist noch viel geringere Löhne. Ist einfach Fakt :?

Ich finde es immer sehr gewagt, alles was AI ist, zu verteufeln. Ich sehe auch die positiven Seiten. Vor allem eben die vielen Arbeitsstellen. Alleine hier aus dem Paul Tal arbeiten eine ganze Reihe Nachbarn und Freunde in den RIU Hotels, und sie können sich sogar leisten in den Ferien (2-3 mal pro Jahr) nach Santo Antao zu kommen, das ist im Vergleich zu den Arbeitsverhältnissen hier und in Mindelo schon ein grosser "Aufstieg"... (In Mindelo als Empregada arbeiten: ca. 80 EUR / Monat, 12 Stunden / Tag arbeiten, kein Vertrag, keine Versicherung, keine Ferien, kein Wochenende, nicht genug Geld um auch nur mal an Ferien zu denken... ist leider auch Fakt...
By Dju Dju
#10731 Hallo Daniel,
nun: ich spreche inzwischen auch ein wenig kreol und ich muss Dir vehement widersprechen. Es ist eben nicht so, dass alle Angestellten einen Arbeitsvertrag in den AI Anlagen bekommen. Da gibt es eine Grauzone. Ich war auf Sal und auf Boavista und sprach mit den Menschen in den Baraken. Warum soll gelogen werden? Die Kontrollen.... :mrgreen: Es ist doch einfach dieses zu umgehen, das führe ich hier nicht aus.
Ich sehe den AI Tourismus kritisch, aber er hat seine Berechtigung, wenn der wirtschaftliche und ökologische Kreislauf ausgewogen ist. Von der ökonomischen Seite bleibt zu wenig im Land.

Tatsächlich unterstreiche ich, dass viele einheimische Firmen, Hotels oder Privathaushalte - insbesondere chinesische Arbeitgeber ihren Angestellten wesentlich weniger zahlen und die Sozialversicherung aussen vor lassen. Das funktioniert bestenes, weil die Arbeitslosenrate sehr hoch liegt und die Not kein Ende sieht. Die Not hat auch den Namen Bildung.

Liebe Grüße Dju
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By Daniel
#10733 Hallo Dju,

[quote] Ich war auf Sal und auf Boavista und sprach mit den Menschen in den Baraken. Warum soll gelogen werden?[/quote]

Ich denke es gibt sicher einige Ausnahmen ohne Vertrag und ohne Versicherung (die Grauzone die Du ansprichst), aber es gibt auch viele die frustriert sind, da sie keinen Job gefunden haben, oder aber nicht 1.000 EUR verdienen, wie sie vielleicht geträumt haben,... ich wäre da etwas vorsichtig,... Die Kapverdianer sind das einzige Volk, das ich kenne, welches stolz darauf ist arm zu sein. Das muss man sich mal überlegen, was das heisst,...

Wie Du schon sagtest ist es woanders noch viel schlimmer, nämlich grundsätzlich gar nichts: weder Vertrag noch Versicherung,... also ich sehe für viele eine grosse Chance mit besserer Arbeit bei den AIs,...

Die fehlende Bildung ist ganz sicher auch einer der Gründe weshalb der Lohn gering ausfällt. Aber an Bildung wird stark gearbeitet, man denke an die ganzen neuen Universitäten auf Sao Vicente und Santiago. Bis 2005 gab es keine einizge Uni, nun gibt es ca. 5 !
By Dju Dju
#10747 Hallo Daniel,
Ich wusste, dass das Argument des Einzelfalles kommt. Nun - lassen wir es dabei....es ist Schönmalerei.

Nein...die Kapverdianer sind nicht stolz arm zu sein, sondern sie leben mit dem Lächeln im Herzen und überleben mit einer großen, intakten familiären Solidarität.
Ausbeutung - das möchte ich meinem Beitrag hinzufügen, hat keine Nationalität oder Hautfarbe, sondern es ist ein profitorientiertes und egoistisches Persönlichkeitsmerkmal (Mensch, Firma...) - es fehlt meist jegliche Herzensbildung und ausgewogenes Engagement bzw.Teambewusstsein. Hier gibt es starke Hierarchien - in modernen Unternehmen sind diese Strukturen abgeschafft. Das ist hier noch ein weiter, steiniger Weg - trotz der demokratischen Grundstruktur.

Es gibt 5 Universitäten, dabei ist es ein Privileg, denn die Studiengebühren sind hoch. Das sollte an dieser Stelle angemerkt sein. Wenige Stipendien werden jährlich für besonders begabte Studenten vergeben.

Mit besten Grüßen
Dju
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By Daniel
#10748 Hallo Dju,

[quote]Nein...die Kapverdianer sind nicht stolz arm zu sein[/quote]
sorry aber Dein Bild entfernt sich der Realität doch deutlich...
- es ist praktisch Standard, dass Kapverdeaner beim Kennenlernen sich als arm vorstellen, und es auch immer wiederholen. (vor allem natürlich vor Ausländern, aber auch unter Kapverdianern)
- es gibt auf den Kapverden mindestens 2 mir bekannte Geschäfte die das Wort "Pobre" (Deutsch = arm) in Ihrem Firmennamen haben. Hier auf Santo Antao gibt es z.B. das "Casa Pobre", die haben auch einen Lastwagen da steht "Casa Pobre" ganz gross drauf :)
- mir ist es schon oft passiert, dass Leute sagten sie seien arm und es mehrmals betonten, und das in Ihrem eigenen Haus, neben ihnen stehend ein 40 Zoll Plasma, eine moderne Küche mit Mikrowelle, Waschmaschine, grosser Herd,...

Mal nur als Beispiel: In Spanien war und ist es nach wie vor tabu sich als arm darzustellen, selbst wenn man wirklich arm ist, man versucht das zu vertuschen, indem man sich gut kleidet, etc.

Ob das nun gut oder schlecht ist, das ist wieder ein anderes Thema, ich denke das sind einfach nur andere Gewohnheiten.

Oft wird das verdiente Geld woanders gerbaucht, z.B. sich ein Zimmer zu mieten anstatt in Barakas zu leben: Man kauft sich lieber ein schickes Handy und DVD+Fernsehen,... die Kapverdeaner haben einfach andere Prioritäten als wir.
By Dju Dju
#10750 ...oh Mann Daniel...was schreibst Du da???????? Du widersprichst Dir... was ist das für ein Klischee was Du von Dir gibst. Sorry. Ich dachte, Du lebst hier, Du bist ein Teil der Inseln.
Ich kann Dir jetzt nicht mehr folgen.
Das was Du da erzählst ist meilenweit von dem entfernt was ich hörte und erlebte. Meilenweit. Vielleicht liegt es daran, dass Du mit Emigranten oder dem Mittelstand Dich austauscht. Ich habe keine Ahnung. Es schockiert mich zutiefst.
Es gibt genau das Bild wieder, was die europäischen Geschäftsleute erzählen, um sich selbst zu recht fertigen für die postkolonialistische Verfahrensweise.
Sorry Daniel, das geht zuweit und völlig aam Thema vorbei.
Bei allem Respekt. Força.
Dju
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By Raupe
#10753 Wer arbeitet dem gehört auch sein Lohn.Und wenn ihm 250.-€ zugesagt wurde muss er es auch bekommen. Das Riu mit 700 Zimmern hat 450 Arbeitsplätze vergeben.Habt ihr schon mal überlegt in einem anderen Land hat so ein Hotel in dieser Größenordnung nur halb so viel Arbeitsplätze zu vergeben bezahlen aber mehr. Ich habe selbst gesehen wie schnell das Arbeitstempo aussieht und das Interesse an den Toris ist....NO Stress.. Manche Arbeiten gut sind aufmerksam manche total langsam und ungenau... stehen den ganzen Tag nur Rum. Bis zu 14 Leute an der Rezeption... Da sollte ein anreizt geschaffen werden wer was bewegt und härter arbeitet dem gehört mehr..die Arbeit die eine Zimmermädchen in 15 Stunden da macht kann ich locker in 8 erledigen, und vergesse keine Handtücher. Uns sind Sachen im RIU weg gekommen, der Taxifahrer wollte für eine Kurzstrecke 15.- statt die normalen 10.-€ Die Leute tun mir auch Leid. Sind aber oft nicht ehrlich.Dju vertraust du ihnen allen und glaubst du alles was sie erzählen? Über Armut .... Es ist nicht alles Gold was Glänzt. Ich habe auch in den Baraken Leute mit dem neusten Handy und Flachbildschirm vorm Haus gesehen und kann das schlecht einschätzen. Viele sitzen den ganzen Tag vor dem Haus auf der Straße und spielen Karten etz. statt sich zu organisieren oder Müll weg zu bringen, Wasserrohre zu verlegen Straßen auszubessern!!!Oder im Kindergarten zu helfen die Kinder zu baden das sie nicht so stinken.... Ich denke es ist ein anders denkendes Volk die denken nicht an Morgen bestimmt hätten einige die Möglichkeit von den Baracken weg zu kommen dann müssten sie jedoch miete zahlen und müssten aufs Handy verzichten....