- Fr Nov 13, 2009 2:19 pm
#6667
...Die Unterschiede zwischen den Geräuschen der Stadt und der wenig besuchten Insel S. Nicolau waren nachts hörbar. Keine leeren Konservendosen die klappernd vom Wind getragen werden, nicht die lärmenden Motorräder, die lauten Stereoanlagen der Aluguer (Pick Up) und auch die Rufe: „Carvala freschk, melo barrot..“ sind hier verstummt... nur die Kraft der Wellen schlagen im „sieben“ Takt und der Wind lässt vor meinem Balkon das Zuckerrohr knistern.
Im Morgengrauen weckte mich ein frecher lauter Hahn. Ich weiß nicht, was mehr nervt: das Bellen eines Straßenköters oder das Plärren eines Hahns. Ich überlegte als ich der müden Kakerlake an der Wand zuschaute. Ich nahm meinen Schlappen, fegte die Barrata (Kakerlake) von der Wand und schlug auf sie ein. Ihre Leiche schob ich über den Balkon auf die Strasse. Dieser Hahn. Eigentlich ein Festschmaus. Abwarten. Abwarten ist in Cabo Verde immer gut, Pläne funktionieren hier meist nicht, es kommt immer anders als erwartet. Ich gab dem Hahn eine Chance, das war gut so, denn er verschwand...seltsamerweise hörte ich den Hahn kein einziges Mal mehr krähen.
S. Nicolao hat ein schwingendes Kreol mit vielen i’s, die Wörter mit portugiesischer, französischer Wurzel kennen keine Endung. Hier zeigt sich im Gegensatz zur Stadt Mindelo das offene neugierige Lächeln der vielen unbekannten Gesichter und die Einheimischen sprechen Dich französisch an. Die Insel selbst streckt sich von West nach Ost, Tarrafal liegt westlich auf der trockenen wüstigen Seite und hat schwarze lang gezogene Sandstrände. Der Sand ist schwefelhaltig und eignet sich hervorragend zur Therapie von Muskel-, Kochen- und Gelenkerkrankungen. Das kleine Küstenörtchen Tarrafal würde ich als mittelhässlich bezeichnen, die wenigen kolonialen Gebäude verfallen und bei den Neubauten ist es nicht anders als auf den anderen Inseln: grauer rauer Beton ohne Putz und Farbe mit den unregelmäßigen schwarzen Zementstrukturen zerbröckeln im salzigen Wind. Im tiefblauen Meer schaukeln viele bunte Fischerboote, am Hafen liegen die größeren Fischkutter, die Fischfabrik liegt an der Strandprommenade und sichert einer Handvoll Familien das Überleben. Vom winzigen Markt, der in einem seltsamen Gebäude am Fischerhafen untergebracht ist, schmiegt sich das westliche Tarrafal in die lang gezogene Bucht.
Als wir uns auf die erste Wanderung Richtung Praia Branca begaben, waren wir willkommene Gänse (die werden hier ausgenommen), der Fahrer wusste, das am späten Vormittag keine Aluguer in die Richtung fuhren und verlangte entsprechend erhöhtes Fahrgeld. Walter und ich winkten ab und beschlossen die 17 km zu Fuß zu wandern. Immerhin ging es an der Küste entlang, eine leichte Brise wehte. Das wäre zu schaffen gewesen. Nach einer Stunde wurde die Sonne unerträglich heiß. Die schattigen Häuserstreifen lagen bereits hinter uns und vor uns, die grüne Wüste ohne einen einzigen Baum und Strauch. Nach der zweiten Stunde wurde die Strasse staubig und die ersten Zweifel kamen. Hinter uns näherte sich in einer Staubwolke ein Jeep. Ich wechselte die Fahrbahn und probierte es mit meinem Daumen. Eine Frau beugte sich aus dem Fenster und lud uns ein mit zu fahren. Und wir kamen mit. Die gesamte Ostküste wurde uns zu Füssen gelegt und die Schönheit verzauberte. Im Auto war schnell Staub und Hitze vergessen. Praia Branca liegt lang nach oben gezogen am Berg dominiert von einer 200 Jahren alten restaurierten Kirche. Der Ort schmiegt sich wie ein Bergdorf an den Fuß von 1000m hohen aufragenden Bergen und ist sehr hübsch anzusehen, da die kolonialen Überbleibsel mit ihren ausgewaschenen pastellenen Farben den Charme von vergessenen Geschichten ausstrahlen. Die Aussicht zum Meer reicht bis zu den unbewohnten Inseln Branco und Razo. Allerdings blieb die Frage offen, warum der Ort den Namen Praia Branca (weißer Strand) trägt . Wir fuhren weiter bis Ribeira Prata (Silberfluß) und ich sah das erste Mal auf Cabo Verde einen Fluss mit klarem Süßwasser. Dahinter liegt versteckt der beschriebene Fels, der legendäre Rocha Scribida, er trägt eine Inschrift verwittert vom Wind und Wetter, gedeutet als Zeichen aus vorkolonialer Zeit. Der Fluss liegt eingebettet zwischen den grünen saftigen Berghängen mit den Mais- und Zuckerrohrfeldern, Manioksträuchern und den schmalen Feldern von Süßkartoffeln, Kürbis, Zucchini, Karotten, Tomaten und immer wieder die großen knallroten Hibiskusblüten. Hohe Papayabäume spendeten Schatten und es war erfrischend und belebend, Käse, Brot und Früchte am Ufer im Schatten zu essen. Die Luft war weich und sanft von Blumen- und Kräuterdüften. Wenn der Blick flussaufwärts sich gegen die Sonne richtet, schimmert die Ribeira mit ihrem Wasser und den großen hellgrauen Felsen silbern. Auch hier wurde die Kirche erhöht über den Fluss auf einem Felsplateau gebaut. Auf der Rückfahrt bogen wir von der Strasse nach rechts ab und fuhren querfeldein Richtung Küste. In zwei Monaten wird der grüne Flaum der roten trockenen Erde gewichen sein und die Hitze wird die Grüne Landschaft zurück verwandeln in eine steinige, staubige Wüste. Es war schwierig mit dem Jeep den Landstrich nach „Carberinho“ zu durchqueren, denn immer trafen wir auf tiefe Erdfurchen ausgespült vom Regen Wir fuhren an den Rissen entlang bis wir eine natürliche „Brücke“ fanden. Eine halbe Stunde später standen wir am Klippenrand und unter uns donnerten die Wellen. Eine Treppe eingeschlagen im Felsen führte nach unten. Erst jetzt offenbarte sich die vollkommene Kunst der Natur: die Klippen waren geformt von Wind und Salzwasser, gebogen in tausende Wellen, unterteilt in vielen gelb-goldenen Sandschichten. Im Kontrast liegt der schwarze feuchte Granitfels der in der heißen Sonne glänzt. Die hohen Wellen schlugen auf dem Fels auf und der Sprühregen erfrischte. Spektakuläres Naturtheater. In kleinen Felsvertiefungen sammelt sich das Meerwasser und im Glitzer tümmeln winzige bunte Fische. Bei der Rückfahrt war ich sprachlos überwältigt von der Schönheit. Als wir weiter Richtung Tarrafal fuhren, gab es noch einen kleinen Abstecher zum Praia Frances – lange, schroffe Felszungen führen vom schwarzen Sand ins Meer. Ideal zum Angeln mit der Rute.
S. Nicolau gehörte einst zu den geistigen und kulturellen Zentrum des Inselarchipels. Hier konnten bereits im frühen 20. Jahrhundert Mädchen am Unterricht teilnehmen. Das geistige, kulturelle Gut fand einen Anfang. Interessanter weise wurde S.Nicolau kurz nach der Regenzeit erstmalig entdeckt und besiedelt. Ein lang andauernder Irrtum, denn die grüne saftige Zeit ist von kurzer Dauer. S. Nicolau stagniert nach wie vor in der Einwohnerzahl. Viele verlassen die Insel und suchen ihr Glück in der benachbarten, vierstündig entfernten Insel S. Vicente oder in der Hauptstadt Praia. Immer wieder wurde die Insel von lang anhaltenden Dürrezeiten geplagt und die wichtigen Regenzeiten blieben aus. Dieses Jahr ist alles anders. Es hat noch nie so lang anhaltende heftige Regenfälle gegeben. Berghänge sind gerutscht, Häuser wurden mitgerissen, Menschen starben, die neue Landstrasse die 2009 fertig gestellt wurde ist auf Teilstecken mit Felsbrocken verschüttet, der Asphalt gewellt und gerissen. Die Kraft des Wassers unterspülte die Strasse und zerknitterte den Asphalt wie ein Stück Papier....
Weiteres folgt.
Dju
Im Morgengrauen weckte mich ein frecher lauter Hahn. Ich weiß nicht, was mehr nervt: das Bellen eines Straßenköters oder das Plärren eines Hahns. Ich überlegte als ich der müden Kakerlake an der Wand zuschaute. Ich nahm meinen Schlappen, fegte die Barrata (Kakerlake) von der Wand und schlug auf sie ein. Ihre Leiche schob ich über den Balkon auf die Strasse. Dieser Hahn. Eigentlich ein Festschmaus. Abwarten. Abwarten ist in Cabo Verde immer gut, Pläne funktionieren hier meist nicht, es kommt immer anders als erwartet. Ich gab dem Hahn eine Chance, das war gut so, denn er verschwand...seltsamerweise hörte ich den Hahn kein einziges Mal mehr krähen.
S. Nicolao hat ein schwingendes Kreol mit vielen i’s, die Wörter mit portugiesischer, französischer Wurzel kennen keine Endung. Hier zeigt sich im Gegensatz zur Stadt Mindelo das offene neugierige Lächeln der vielen unbekannten Gesichter und die Einheimischen sprechen Dich französisch an. Die Insel selbst streckt sich von West nach Ost, Tarrafal liegt westlich auf der trockenen wüstigen Seite und hat schwarze lang gezogene Sandstrände. Der Sand ist schwefelhaltig und eignet sich hervorragend zur Therapie von Muskel-, Kochen- und Gelenkerkrankungen. Das kleine Küstenörtchen Tarrafal würde ich als mittelhässlich bezeichnen, die wenigen kolonialen Gebäude verfallen und bei den Neubauten ist es nicht anders als auf den anderen Inseln: grauer rauer Beton ohne Putz und Farbe mit den unregelmäßigen schwarzen Zementstrukturen zerbröckeln im salzigen Wind. Im tiefblauen Meer schaukeln viele bunte Fischerboote, am Hafen liegen die größeren Fischkutter, die Fischfabrik liegt an der Strandprommenade und sichert einer Handvoll Familien das Überleben. Vom winzigen Markt, der in einem seltsamen Gebäude am Fischerhafen untergebracht ist, schmiegt sich das westliche Tarrafal in die lang gezogene Bucht.
Als wir uns auf die erste Wanderung Richtung Praia Branca begaben, waren wir willkommene Gänse (die werden hier ausgenommen), der Fahrer wusste, das am späten Vormittag keine Aluguer in die Richtung fuhren und verlangte entsprechend erhöhtes Fahrgeld. Walter und ich winkten ab und beschlossen die 17 km zu Fuß zu wandern. Immerhin ging es an der Küste entlang, eine leichte Brise wehte. Das wäre zu schaffen gewesen. Nach einer Stunde wurde die Sonne unerträglich heiß. Die schattigen Häuserstreifen lagen bereits hinter uns und vor uns, die grüne Wüste ohne einen einzigen Baum und Strauch. Nach der zweiten Stunde wurde die Strasse staubig und die ersten Zweifel kamen. Hinter uns näherte sich in einer Staubwolke ein Jeep. Ich wechselte die Fahrbahn und probierte es mit meinem Daumen. Eine Frau beugte sich aus dem Fenster und lud uns ein mit zu fahren. Und wir kamen mit. Die gesamte Ostküste wurde uns zu Füssen gelegt und die Schönheit verzauberte. Im Auto war schnell Staub und Hitze vergessen. Praia Branca liegt lang nach oben gezogen am Berg dominiert von einer 200 Jahren alten restaurierten Kirche. Der Ort schmiegt sich wie ein Bergdorf an den Fuß von 1000m hohen aufragenden Bergen und ist sehr hübsch anzusehen, da die kolonialen Überbleibsel mit ihren ausgewaschenen pastellenen Farben den Charme von vergessenen Geschichten ausstrahlen. Die Aussicht zum Meer reicht bis zu den unbewohnten Inseln Branco und Razo. Allerdings blieb die Frage offen, warum der Ort den Namen Praia Branca (weißer Strand) trägt . Wir fuhren weiter bis Ribeira Prata (Silberfluß) und ich sah das erste Mal auf Cabo Verde einen Fluss mit klarem Süßwasser. Dahinter liegt versteckt der beschriebene Fels, der legendäre Rocha Scribida, er trägt eine Inschrift verwittert vom Wind und Wetter, gedeutet als Zeichen aus vorkolonialer Zeit. Der Fluss liegt eingebettet zwischen den grünen saftigen Berghängen mit den Mais- und Zuckerrohrfeldern, Manioksträuchern und den schmalen Feldern von Süßkartoffeln, Kürbis, Zucchini, Karotten, Tomaten und immer wieder die großen knallroten Hibiskusblüten. Hohe Papayabäume spendeten Schatten und es war erfrischend und belebend, Käse, Brot und Früchte am Ufer im Schatten zu essen. Die Luft war weich und sanft von Blumen- und Kräuterdüften. Wenn der Blick flussaufwärts sich gegen die Sonne richtet, schimmert die Ribeira mit ihrem Wasser und den großen hellgrauen Felsen silbern. Auch hier wurde die Kirche erhöht über den Fluss auf einem Felsplateau gebaut. Auf der Rückfahrt bogen wir von der Strasse nach rechts ab und fuhren querfeldein Richtung Küste. In zwei Monaten wird der grüne Flaum der roten trockenen Erde gewichen sein und die Hitze wird die Grüne Landschaft zurück verwandeln in eine steinige, staubige Wüste. Es war schwierig mit dem Jeep den Landstrich nach „Carberinho“ zu durchqueren, denn immer trafen wir auf tiefe Erdfurchen ausgespült vom Regen Wir fuhren an den Rissen entlang bis wir eine natürliche „Brücke“ fanden. Eine halbe Stunde später standen wir am Klippenrand und unter uns donnerten die Wellen. Eine Treppe eingeschlagen im Felsen führte nach unten. Erst jetzt offenbarte sich die vollkommene Kunst der Natur: die Klippen waren geformt von Wind und Salzwasser, gebogen in tausende Wellen, unterteilt in vielen gelb-goldenen Sandschichten. Im Kontrast liegt der schwarze feuchte Granitfels der in der heißen Sonne glänzt. Die hohen Wellen schlugen auf dem Fels auf und der Sprühregen erfrischte. Spektakuläres Naturtheater. In kleinen Felsvertiefungen sammelt sich das Meerwasser und im Glitzer tümmeln winzige bunte Fische. Bei der Rückfahrt war ich sprachlos überwältigt von der Schönheit. Als wir weiter Richtung Tarrafal fuhren, gab es noch einen kleinen Abstecher zum Praia Frances – lange, schroffe Felszungen führen vom schwarzen Sand ins Meer. Ideal zum Angeln mit der Rute.
S. Nicolau gehörte einst zu den geistigen und kulturellen Zentrum des Inselarchipels. Hier konnten bereits im frühen 20. Jahrhundert Mädchen am Unterricht teilnehmen. Das geistige, kulturelle Gut fand einen Anfang. Interessanter weise wurde S.Nicolau kurz nach der Regenzeit erstmalig entdeckt und besiedelt. Ein lang andauernder Irrtum, denn die grüne saftige Zeit ist von kurzer Dauer. S. Nicolau stagniert nach wie vor in der Einwohnerzahl. Viele verlassen die Insel und suchen ihr Glück in der benachbarten, vierstündig entfernten Insel S. Vicente oder in der Hauptstadt Praia. Immer wieder wurde die Insel von lang anhaltenden Dürrezeiten geplagt und die wichtigen Regenzeiten blieben aus. Dieses Jahr ist alles anders. Es hat noch nie so lang anhaltende heftige Regenfälle gegeben. Berghänge sind gerutscht, Häuser wurden mitgerissen, Menschen starben, die neue Landstrasse die 2009 fertig gestellt wurde ist auf Teilstecken mit Felsbrocken verschüttet, der Asphalt gewellt und gerissen. Die Kraft des Wassers unterspülte die Strasse und zerknitterte den Asphalt wie ein Stück Papier....
Weiteres folgt.
Dju