- Do Mär 16, 2006 9:55 am
#3938
Werte Ulrike,
Vielleicht ist ja Folgendes in Ihrem Gedächtnis hängen geblieben:
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hatte die Einführung einer internationalen Solidaritätssteuer auf Flugscheine im November 2003 angeregt. Und im September 2005 hatte die Vollversammlung der Vereinten Nationen eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der die Initiative "einiger Länder zur Erhebung einer Abgabe auf Flugscheine zur Finanzierung des Kampfes gegen Armut und die großen Epedemien" erwähnt wurde. Algerien, Deutschland, Brasilien, Chile, Spanien und Frankreich hatten damals erklärt, ab 2006 diese Solidaritätsabgabe einführen zu wollen. Bisher hat nur Frankreich sich zu diesem Schritt entschlossen.
Zurzeit wird in einigen europäischen Ländern viel von einer "Solidaritätstaxe" oder "tax for aid" geredet. Die französische Regierung hatte die Einführung einer Ticket-Abgabe zur Finanzierung der Entwicklungshilfe vorgeschlagen und bis Anfang des Monats März hatte in Paris eine so genannte „Internationale Ministerkonferenz über innovative Quellen zur Entwicklungshilfefinanzierung“ auch über diesen Vorschlag der Franzosen beraten. Dieser sieht für jeden Passagier eine Abgabe von fünf bis 20 Euro je Flug vor. Damit sollte die Finanzierung der Entwicklungshilfe der Europäischen Union gesichert werden. An (nicht unbegründeter) Kritik hat es nicht gemangelt.
So sprach die Association of European Airlines (AEA) von einer "untragbaren Belastung der Fluggesellschaften durch Zusatzkosten", die man nicht auf die Kunden abwälzen könne. Der Markt erlaube heute keine weiteren Preiserhöhungen (nach diversen Taxen, Treibstoffzuschlägen etc.). Auch sei es paradox, den Luftverkehr zu benachteiligen, um den Entwicklungsländern zu helfen, weil er für diese Länder eine Schlüsselindustrie darstelle und weil auch der Tourismus häufig ihre Haupteinnahmequelle sei. Auch die IATA hat sich gegen die "Tax for aid" gestellt.
In Deutschland forderte der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft die Regierung auf, die gesamte Bevölkerung an der (alternativen) Finanzierung der Entwicklungshilfe zu beteiligen. Frankreich wurde auf der Konferenz von Großbritannien, Brasilien, Chile, Zypern, Kongo, Elfenbeinküste, Jordanien, Luxemburg, Madagaskar, Mauritius, Nicaragua und Norwegen offiziell unterstützt. In Frankreich wird die Taxe am kommenden 1. Juli eingeführt.
Um auf unsere Ebene hinabzusteigen: Es sind gerade die Reisenden, die mit dem Preis für die Reise die Bevölkerung indirekt und darüber hinaus vor Ort auch finanziell direkt unterstützen. Sie würden nach Einführung der Taxe doppelt zahlen müssen, während die anderen Bürger keinen Solidaritätsbeitrag zu leisten brauchen. Entwicklunghilfe geht alle (Staat) an, nicht nur die Flugreisenden. Was niemanden davon abhalten sollte, seine ganz persönliche (gut überlegte) Entwicklungshilfe zu leisten.
Gruß
Harvey