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By clara2
#8305 Hallo zusammen
Hier mal wieder ein Beitrag von mir, nachdem ich infolge des "neuen Tourismus" längere Zeit nicht mehr auf Sal war. Es tat mir weh, zuzusehen wie gute Restaurants der Einheimischen in Pizzerias umgewandelt wurden. Ich hielt es nicht mehr aus, wie die aufrechten Kapverdianer gedemütigt wurden.
Im Innern wollte ich natürlich gerne ein weiteres (6.) Mal nach Sal, da dies meine Lieblingsinsel ist.
Dann fand ich in diesem Sommer einen günstigen Flug (von der Schweiz aus nicht ganz einfach) und weg war ich.
Ach tat das gut bei der Ankunft den Geruch der Insel aufzunehmen und einzutauchen ins Leben in Santa Maria. Alles in allem war ich froh, dass nicht alle Befürchtungen eingetroffen sind ......
Hier meine Eindrücke:
- Wie gesagt traditionsreiche und gute Restaurants sind weg. Geblieben sind notdürftige Verpflegungsmöglichkeiten.
- Von den noch verbliebenen Restaurants ist das Crioula das einzige autentische, das ich gefunden habe. Dort gibt es ihn noch den frischen Garoupa.
- Bei anderen habe ich in einem Restaurant - direkt am Strand, kaum Gäste - einen verdorbenen!! Fisch erhalten, ein Kunststück auf Sal. Ich habe den ersten Bissen ausspucken müssen. Und den zweiten dem Kellner zu versuchen gegeben. Er hat sein Gesicht verzogen,hat sowas vermutlich noch nie erlebt. Ich muss fairerweise sagen, dass ich ihn nicht bezahlen musste.
- Bei einer anderen beliebten Adresse, wo ich früher den besten und frischesten Fisch gegessen habe (ich möchte die noch verbliebenen Restaurants nicht noch diskreditieren, indem ich sie beim Namen nenne) habe ich zwei kleine Fischlein bekommen, die mehr Gräten als Fleisch hatten. Auf meine Frage, ob denn all' der gute Fisch jetzt in die All inclusive Hotels abwandere, erntete ich ein verzweifeltes Lächeln und einen wütenden Blick und mir wurde klar, dass ich solche Fragen nicht stellen sollte.
Abgesehen davon hatte ich wie immer 2 sehr schöne Wochen: Sonne, den geliebten Atlantik, den schönen Strand und die liebenswerten Menschen, von denen einige schon zu den guten Bekannten gehören. Ich fühlte mich wie zu Hause.
Aber: Die Menschen sind noch ärmer geworden und die helfenden Individualtouristen noch spärlicher. Es geht schon längst nicht mehr um Buntstifte. Die Leute haben Hunger. Und wenn ich in diesem Forum lese, man solle den Leuten kein Geld geben, dann streuben sich mir die Haare :mrgreen:
Wenn jemand einen viel zu wenig verdienenden Familienvater als Ausrede nimmt, dass er einem hungrigen Jungen nicht 5, sondern nur 2 Euros gibt, dann möchte ich dazu nur sagen: Gebt dem Familienvater [b]und[/b] dem Jungen, denn wenn der Junge ohne Essen schlafen geht, bekommt der Familienvater nicht mehr Lohn, oder? Also müsste bei den Löhnen zuerst etwas getan und in der zwischenzeit den Andern geholfen werden. Ich habe auch mal einem fliegenden Souvenirverkäufer etwas abgekauft, weil das weniger demütigend ist als zu betteln. Klar stinkt es mir gewaltig, dort einspringen zu müssen, wo die neuen Herren Armut schaffen. Aber schaut den Menschen in die Augen und fragt: Hast Du Hunger - nicht mitleidig - sondern von Mensch zu Mensch. Meine Menschenkenntnis hat mich nie getäuscht, ich habe immer eine ehrliche Antwort erhalten. Und dann: Was sind für uns, die wir uns diese Reise leisten können, ein paar Mal 5 oder 10 Euro im Vergleich zu den Menschen auf den Kapverden in der heutigen Situation?
Ein fliegender Souvenirverkäufer muss für die Fäden, mit denen er die Armbändchen herstellt, 10 Euro bezahlen! Und dann muss er sie noch machen - hat immer noch nichts zu essen - und verkaufen. Wenn er bis am Abend nichts verkauft hat, hat er wieder nichts zu essen. Dies nur ein Beispiel. Ich bin dann mit ihm zum Take-away, einen Hamburger und eine Cola kaufen. Das kostete 6 Euro. Die Leute, die angesichts dieser Situation noch knausern (oder noch schlimmer, sich in überheblicher Manier für pädagogisch überlegen halten) nennt man in Deutschland glaub' ich Korintenkacker. Sehen diese Leute denn nicht, was für grundgütige und ehrliche Menschen ihnen gegenüber stehen, die unglaublich gedemütigt werden, indem ihnen diese Not bewusst zugefügt wird? Also Leute, traut Eurer Menschenkenntnis und helft.
Und Gäste in den Allinclusive-Tempeln: Kommt raus, da draussen sind Menschen. Kriminell werden sie nur aus Not, wenn ihnen nichts anderes bleibt. Es heisst: Wenn man eine Katze in die Ecke treibt, springt sie. Was geschieht mit Menschen, denen man in ihrer Not sogar noch die einfachste Behausung nimmt? Die Miete im neu entstandenen Haus können sie bestimmt nicht bezahlen.
Etwas beruhigt hat micht die Tatsache, dass viele Einheimische bei den neuen Herren eine Anstellung gefunden haben, jetzt müssten nur noch die Löhne an die Lebenshaltungskosten angeglichen werden, dann würde niemand hungern. Ich gehe schon bald wieder und freue mich darauf, eine Verbesserung der jetzigen Lebenssituation zu sehen. :)
By Dju Dju
#8306 ohhhhjeeeehhh.

Du bist ein guter Mensch. Das bemerken die Souvenirverkäufer und Väter, denen Du 5 € gibst sofort. Da bekommst Du viel Aufmerksamkeit und Geschichten. Kleiner Tip: Gib den Frauen (Marktfrauen, Obstverkäuferinnen auf der Strasse, Zimmermädchen, Köchinnen, Putzfrauen, Strassenfegerinnen, Wasserträgerinnen...ect.ect.) das Geld, da kommt es sicher in den Familien an und wird nicht von den Vätern (nicht alle!!!!!) an der nächsten Ecke in Rachengold sprich Grougue umgesetzt.
Die Familien werden selten von Vätern ernährt, sondern von den Müttern. Die jetzt heranwachsende Generation zwischen 20-30 Jahren fängt an, Verantwortung zu übernehmen.

Wenn meist Du mit "Herren"?
Grüße Dju.
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By Atlantico
#8311 Es ist ein leidiges Thema, jedoch muss ich mich der Meinung von Dju Dju anschliessen. Es kann nicht sein, das ein bettelndes Kind aufgrund der "Grossen Herzen" der Touristen mehr ECV nach Haus bringt als der arbeitende Vater. Denn das würde dabei rauskommen.Und viele Väter würden ihre Kinder dann gezielt losschicken und zu Haus den Rachengold geniessen. Leider...
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By clara2
#8316 An Dju: Hab'gar nicht gewusst, dass es die Kategorie des 'guten' Menschen noch gibt. Aber keine Sorge, ich darf schon selber denken. - Im übrigen freut es mich, dass Du die Mütter übernimmst, es könnte mir sonst echt zuviel werden. :D
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By clara2
#8318 An Atlantico: Danke für Dein Interesse. Jeder handelt aufgrund seiner Erfahrungen und Menschenkenntnis und das ist auch gut so. Ich kenne halt Familienväter, die sich für ihre Familien verantwortlich fühlen und deshalb verzweifeln. Nimms mir deshalb nicht übel, wenn ich Dich darauf aufmerksam mache, dass Denkklischees (Männer saufen - Frauen sorgen für die Familie - statistisch bewiesen!) auch benötigte Hilfe verhindern können. Ich handle da lieber situativ (einem Kind würde ich kein Geld geben). Und ehrlich, auch jemand der Grogue gerne mag, braucht was zu essen, einverstanden? - Oder würdest Du dich auf den Standpunkt stellen: Der soll erst mal mit Grogue (Nationalgetränk!)trinken aufhören, dann bekommt er was zu essen? - Ich glaube nicht, oder :lol:
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By lupo
#8319 Hallo Clara,
in vielen Teilen deines Beitrags stimme ich dir zu. Die Kluft zwischen arm und nicht arm wird auch hier immer groesser. Dies aber auch durch die emigrierten Kapverdianer. Der Fortschritt laesst sich nicht aufhalten!!! Ich arbeite in einer AI-Anlage auf Boavista und mache in meiner Freizeit individuelle Inselrundfahrten fuer deutsche Touristen. Ich sage immer den Kids auf keinen Fall Geld zu geben. Ich moechte nicht dafuer verantwortlich sein, dass Eltern (Muetter wie Vaeter) zum Turibetteln schicken und wenn sie dann nicht mit 5,- oder 10,- € heimkommen, kriegen sie den Hintern verhauen. Ich finde es besser lokale Aktionen zu machen. Z.Bsp: bringen uns AI-Gaeste oefter Kleidung, KInderkleidung und Schuhe mit. Gerade vor zwei Wochen hat meine Frau dann 3 Saecke voll bei uns in Rabil an Muetter verschenkt. Und sie haben sich riesig gefreut. Wir persoenlich unterstuetzen eine junge Frau mit drei Kindern, die wegen schlechter Zaehne grosse Schmerzen hatte. Was sind schon ueber 3 Monate Behandlung 300,-€ wenn du nachher ein zufriedenes und selbstbewusstes Laecheln bekommst!!!!!
Gruss aus Rabil - Boavista
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By schnurps
#8426 Hallo an alle,

habe mich schon lange nicht mehr gemeldet, da mein Mann - hier als Knalllkopf bekannt - vor fünf Wochen in den Tod gesprungen ist.

Das Problem der Bettelei von Kindern ist ein weltweites. Oftmals sieht man auch Mütter mit Kleinkindern, die diese als Instrument benutzen. Auch ich halte nichts davon, einem Kind Geld zu geben. Es lernt dadurch nicht, dieses zu schätzen und zu wissen, dass man dafür arbeiten muss. Gezielte Hilfe, eine Familie zu unterstützen, ist bestimmt sinnvoll. So erkennt man, was genau von Nöten ist. Den Leuten in einem Fastfood-Bunker etwas zu kaufen ist saublöd. Für sechs Euro kann man vernünftiger einkaufen.
Wenn die Fliegenden Händler - keine Kapverdier - rumpienzen, habe das erlebt - er hätte mir dann die "Rolex" für € 10 anstatt anfänglich 80 verkauft, weil er angeblich nichts zu Essen hatte, dann kauft ihm halt was ab und werft es in den Müll. Immerhin hat er ja dann seine Arbeit getan.
Stand einmal beim Dubel in Santa Maria. Vor mir hatte ein Junge sechs Kartoffeln auf die Waage gelegt und konnte nur fünf bezahlen. Er schaute sehr traurig, sollte wohl für die ganze Familie reichen. Ich habe Frau Dubel gesagt, sie solle doch bitte alle Kartoffeln einpacken und auch den Rest des Gemüses aus dem Regal. Keine Heldentat, aber spontane Hilfe, denke ich.
Man kann doch aber nicht rumlaufen und mal hier und da 10 Euro verteilen. Das ist Kolonialismus.
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By Daniel
#8428 Hallo schnurps,

Deine Mitteilung hat mich geschockt. Mein herzliches Beileid !

Daniel
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By Djarmai
#8429 auch ich bin sprachlos, mein herzliches Beileid
wolfgang
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By pol
#8432 Hallo schnurps,

ja, wie nicht Knallli wird uns allen fehlen, am Meisten natürlich Dir...

Rüdiger
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By Sally
#8433 Mein herzliches Beileid !!! Herzliche Grüße aus dem Taunus !